Seltene Glücksgefühle und Schiri-Psychologie

Es ist vollbracht! Der erste Heimsieg des 1. FC Köln seit einer gefühlten Ewigkeit ist unter Dach und Fach. Zu meckern gibt es dabei nichts, denn alles hat gepasst: Dem Druck wurde standgehalten, mit Paderborn wurde ein direkter Konkurrent klar und verdient mit 3:0 besiegt, es gab keine „Ausfälle“, das Spiel des Effzeh war ordentlich und man blieb nach langer Zeit gar ohne Gegentor. All diese Aspekte sollen berücksichtigt und zurecht positiv hervorgehoben werden. Glückwunsch!

 

Dass es sich bei dem Spiel am Sonntagnachmittag gut erkennbar um die Begegnung der vor dem Spiel beiden Tabellenletzten gehandelt hat, gehört aber ebenso zur Wahrheit, wie die zuvor genannten, berechtigten Lobeshymnen. Das Niveau war somit in der Tat am unteren Ende der Bundesliga angesiedelt, das sollte nicht verschwiegen werden.

 

Eine von dreien … Paderborn

 

Eine Schande ist das bei weitem nicht, denn schließlich gilt es für den 1. FC Köln in dieser Saison, lediglich drei Mannschaften hinter sich zu lassen. Nimmt man das gestrige Match zum Maßstab, dann ist es schwer vorstellbar, das Paderborn zu den Mannschaften gehören wird, die am Ende der Saison vor dem Effzeh einlaufen werden. Obwohl die Ostwestfalen gestern deutlich unter Wert agierten, insgesamt sind sie schlicht das deutlich schwächer besetzte Team.

 

Die Wichtigkeit des „Dreiers“ war also immens, denn eine solche Mannschaft darf vom 1. FC Köln nicht auch noch aufgebaut werden. Doch die Geißbock-Elf zeigte sich von der ersten Minute an extrem präsent und ließ gar nicht erst den Verdacht zu, den Spielbeginn zu verschlafen. Man war in der Pflicht dieses Spiel zu gewinnen und dafür wurde alles getan, auch wenn sich nach ca. 25 Minuten wieder zu viel Passivität einschlich und ein zumindest leiser Verdacht sich breit machte, das hier wieder Einladungen verteilt werden. Doch der gestern sehr limitierte Gegner konnte diese Phase nicht nutzen.

 

Abenteuerlich begründete Torüberprüfung

 

Dass es überhaupt 1:0 zu Pause stand, war schon fast verwunderlich, da ein neues schauerliches Kapitel in der unrühmlichen Beziehung zum sogenannten „Kölner Keller“ drohte. Geschlagene zweieinhalb Minuten (gefühlte 5-8 Minuten) schien Video-Schiri Guido Winkmann vom Niederrhein (!) verzweifelt einen Grund zu suchen, dem glasklaren Treffer von Simon Terodde die Anerkennung zu verwehren.  So jedenfalls der Verdacht, der sich so manchem Fan geradezu aufdrängte. Es war schon mehr merkwürdig, das man da überhaupt noch einmal draufschaute. Die Erklärung danach, Sebastiaan Bornauw könnte den Torwart behindert haben, klingt nach nochmaligen Anschauen der Bilder (hier) geradezu abenteuerlich konstruiert. Bornauw macht nämlich eigentlich gar nichts! Auch Czichos greift nicht ein und steht sowieso nicht abseits. Warum also überhaupt ewig lange überprüfen?  Nicht wenige Anhänger des Geißbock-Clubs hätten sich diese Akribie in vielen anderen, eindeutigeren Momenten bei wirklichen Fehlentscheidungen gewünscht.

Um es klar zu sagen, ich bin kein Freund der Theorie, dass „man immer im Zweifel gegen den FC pfeift“, was auch insgesamt faktisch nicht haltbar ist. Dennoch ist es merkwürdig, dass es gerade bei Entscheidungen bei Spielen mit Kölner Beteiligung immer wieder zu Debatten kommt.

 

Der FC im psychologischen Standort-Nachteil?

 

Nicht wenige Fans vertreten die These, das man zwar dem FC bewusst nichts schlechtes wolle, das es aber nur menschlich sei (und ja, Schiedsrichter sind Menschen …), das der Begriff „Kölner Keller“ eine gewisse Parteilichkeit Richtung Standort suggeriere. Psychologisch ein interessanter Ansatz, in etwa vergleichbar wie Trainerväter ihre Fußball spielenden Söhne wohl deutlich härter als die Mannschaftskameraden behandeln, um sich dem Verdacht der familiären Vorteilsnahme zu entziehen (der Autor schreibt aus Erfahrung). Gut, vielleicht ist das etwas zu viel der Küchen-Psychologie, aber dennoch wäre es sicher manchen FC-Anhängern lieber, der Standort des VAR würde nach Düsseldorf, Leverkusen oder Mönchengladbach verlegt werden.

 

Jedenfalls setzte der Effzeh sein insgesamt positives Spiel in Halbzeit Zwei fort und konnte zwei weitere Treffer erzielen, die der kölschen Seele extrem gut taten. Mit Schaub und Bornauw trafen dann die Spieler, die aus einer insgesamt gut-soliden Mannschaft etwas herausragten. Anschließend konnte man mit seinen Fans das leider zu selten gewordene Glücksgefühl eines Heimsiegs in aller Ruhe auskosten.

 

Chance in Mainz

 

Trainer Beierlorzer hat nun bis Freitag Zeit, sich zu überlegen, wie er den bald wieder genesenen Birger Verstraete einbaut und einen sicher nicht allzu freudig erregten Anthony Modeste, der keine Minute spielte, vor dem wichtigen Spiel in Mainz wieder aufbaut. Die Chance, sich mit einem Sieg in der Stadt der Helau-Rufer so langsam Richtung unteres Mittelfeld zu verabschieden duldet letztlich auch keine Querschüsse.

 

Aber das wird man am Geißbockheim wissen und letztlich ist dies ein Luxusproblem. Die hat man lieber als alle anderen.