Als die Zukunft begann

Gedanken zum Live-AID Konzert, welches die 80er Jahre teilte

„Live AID Konzert? Okay, stimmt ... da war ja mal was." Bestimmt bald wieder Jubiläum, am 13. Juli ist es bereits 38 Jahre her. Dann wird wie immer ein wenig an der Nostalgieschraube gedreht, die üblichen Verdächtigen wie Bob Geldof werden gehuldigt und einen Tag später ist alles wieder vergessen, … bis zum nächsten Jubiläum.“

 

So oder ähnlich werden sicher einige reagieren, wenn vom Live AID Konzerts vom 13. Juli 1985 die Rede ist. Andere wiederum werden sich erinnern, an einen Tag, der besonders war und nun schon 38 Jahre zurückliegt. Aber es mag ja einige geben, die wirklich nicht wissen, wovon die Rede ist.

 

„It’s twelve noon in London, seven AM in Philadelphia, and around the world it’s time for: Live Aid ….“

 

Mit diesen Worten von BBC-Moderator Richard Skinner wurden die TV-Zuschauer in aller Welt begrüßt und bis heute gilt es als Gradmesser aller Charity-Konzerte: Live AID, das von Boomtown Rats Mastermind Bob Geldof und Ultravox-Sänger Midge Ure organisierte Weltkonzert im Londoner Wembley Stadium und im JFK Stadium in Philadelphia; bei den zeitgleichen Auftritten, insgesamt satte 16 Stunden lang, versammelte sich eine bis dahin nie gesehene Zahl von Stars, die zu Spenden für die Hungerhilfe in Äthiopien aufriefen. Knapp zwei Milliarden Menschen in 150 Ländern schauten zu, eine Zahl die locker mit Endspielen bei Fußball-Weltmeisterschaften mithalten kann.

 

Madonna, Mick Jagger, Paul McCartney, Queen, U2, Bob Dylan, David Bowie, Sting, die Beach Boys, Tina Turner, The Who, Led Zeppelin, George Michael und viele andere gaben sich die Ehre. Die großen Namen waren dabei, lediglich Michael Jackson glänzte durch Abwesenheit.

Unvergessen, Bob Geldof bricht mitten im Song ab und zeigt dem Hunger in der Welt die Faust (Quelle: YouTube Mitschnitt)
Unvergessen, Bob Geldof bricht mitten im Song ab und zeigt dem Hunger in der Welt die Faust (Quelle: YouTube Mitschnitt)

Die Zukunft der Musik im Video

 

Live AID hinterließ viele, unvergessene Geschichten, darunter der Doppelauftritt von Phil Collins. Der Genesis Sänger bestieg nach seinem Auftritt in London die mittlerweile Geschichte gewordene Concorde, um sich auch in Philadelphia pünktlich ans Klavier setzen zu können. Ebenso in Erinnerung geblieben, der Auftritt der Dire Straits, gemeinsam mit Sting, der mit seinem sich ständig wiederholdenden „I want my MTV/ I want my MTV“ Falsett Gesang im Song Money for nothing quasi die musikalische Zukunft der nächsten Jahre einläutete. Zur Erinnerung: Der damals noch junge Sender MTV sicherte sich die Übertragungsrechte für die US-Ausstrahlung. In der Folge wurde aus dem Sender quasi ein gelebtes Stück TV-Musikkultur, bis ihm im neuen Jahrtausend YouTube und Co. den Garaus machten.

 

Es würde den Rahmen sprengen, weitere historische Auftritte, wie beispielsweise der heute noch als eine der besten Live Auftritte aller Zeiten titulierte 20 Minuten Gig von Queen, in epischer Breite zu beschreiben. Auch Bob Geldof selbst hinterließ wie sehr viele andere auf der Bühne bleibende Eindrücke. Vielleicht ist es aber auch sinnvoll, sich der Wirkung von Live AID zu widmen.

Hat alles und jeden im Griff, Freddy Mercury und Queen performten für die Ewigkeit (Quelle: YouTube Mitschnitt)
Hat alles und jeden im Griff, Freddy Mercury und Queen performten für die Ewigkeit (Quelle: YouTube Mitschnitt)

„This is your Woodstock“

 

“This is your Woodstock, and it’s long overdue.” rief die Folk Legende Joan Baez in Philadelphia der jubelnden Menge im JFK Stadium zu. War Live-AID wirklich das “Woodstock” der 80er Jahre? Eher nicht. Zu unterschiedlich scheinen die Ausrichtungen der beiden Konzerte zu sein. Aber in einem hatte Baez recht, überfällig war ein solches Event in der Tat. Die 80er Jahre boten eine Vielzahl an überragenden Konzerten, ein solch weltumspannendes Spektakel mit einem solch monströsen Aufgebot an Superstars jedoch war der Generation bis dato vorenthalten geblieben.

 

Der 13.7.1985 war als Datum, in der Nachbetrachtung, bestens ausgesucht, teilte er doch die 80er Jahre auf. Die 70er wurden mehr und mehr Geschichte, u.a. repräsentiert durch den Auftritt von Status Quo und einigen anderen Protagonisten, die ihren Höhepunkt bereits überschritten hatten. Die 90er und damit die Zukunft kamen näher, u.a. kann man die sehr junge Madonna dazuzählen, damals noch Newbie und kommender Superstar. U2 begeisterten das Publikum mit einer aufsehenerregenden 13-minütigen Version von Bad, waren aber damals noch kein Hauptact. Ihr bahnbrechendes Album The Joshua Tree mit Hits wie With or Without You und I Still Haven’t Found What I’m Looking For erschien zwei Jahre nach Live AID. Unter den Musikkritikern gilt The Joshua Tree als das beste Album der Band und als Meilenstein der Musikgeschichte. In Deutschland ist es unter den Top 50 der meistverkauften Alben aller Zeiten. Der große Erfolg beim Live AID Konzert dürfte die Jungs um Sänger Bono inspiriert haben.

 

Live AID zeigte den Weg in die neue Zeit, alleine durch die Art der Ausstrahlung wurde zukunftsträchtiges geschaffen. Übertragungen via Satellit waren grundsätzlich nicht neu, jedoch nicht in diesem Ausmaße, in dieser Länge und deren Aussage für Afrika und die Welt. Sieht man einmal von einigen Pannen ab (bei u.a. „The Who“ brach die Satellitenübertragung ab) und sieht über die Bildqualität hinweg, so kann der visuelle Ablauf noch heute überzeugen.

Insgesamt war Live AID in vielerlei Hinsicht ein Statement, eines für Afrika, auch wenn man das Sammeln von Geld durch Rock- und Popstars immer auch kritisch sehen kann, aber auch eines an die damalige Generation, die heute als um die 50-60jährigen an den Schaltzentralen der Macht sitzen. „Macht mehr, mischt euch ein, helft. Zeigt, was ihr draufhabt.“

Die Generation der 80er. So wurde 1985 zur damaligen Musik gefeiert (Quelle: privat)
Die Generation der 80er. So wurde 1985 zur damaligen Musik gefeiert (Quelle: privat)

„Wir waren bei etwas Großem dabei!“

 

Klar, Rock und Pop wurden von vielen lediglich konsumiert, manche saßen alleine vor dem Fernseher, andere wiederum feierten Live AID Partys vor TV Gerät und Stereoanlage. In einem 80er Jahre Forum wurde dieser Tag noch einmal diskutiert. Eine Aussage von Sandra T. steht stellvertretend für viele Meinungen: „Ich hab fast den ganzen Tag vor dem TV verbracht, es war heiß, es war Hochsommer, es waren Sommerferien, und ich schaute Live Aid. Einer der perfekten Tage meines Lebens, bis heute!“

 

Ein anderer User schrieb: „Kurz nach dem Mittagessen erhielt ich einen Anruf und habe mich daraufhin mit einigen Freunden getroffen und bei Bier, Knabberzeugs und Käseschnittchen den Rest des Konzerts verfolgt. Das war ursprünglich gar nicht geplant, sondern kam spontan. Es war sehr warm an diesem Samstag, und überall waren die Fenster geöffnet. Als ich zuvor noch unterwegs gewesen bin, war nicht zu überhören, dass fast jeder sein Fernsehgerät eingeschaltet hatte. So habe ich akustisch eigentlich nichts verpasst. Bis zu diesem Event war ich nur mäßig an Live-Konzerten interessiert. Das änderte sich an diesem 13.07.1985.“

 

So erging es vielen, einmal das Radio angemacht, das TV-Gerät eingeschaltet, landete man automatisch beim Konzert und blieb „hängen“. Es ist in der Folge auch bei vielen etwas „hängen“ geblieben, nämlich der Gedanke und die Gewissheit etwas Großes miterleben zu dürfen!

Wer wird Queen beerben? (Quelle YouTube Mitschnitt)
Wer wird Queen beerben? (Quelle YouTube Mitschnitt)

„This is your Live AID  …“

 

Wann hören wir diese Worte? Wer wird sie sprechen? Die heutige Generation wartet auf ein neues, bahnbrechendes Signal. Auf ein Signal in Richtung Zukunft. Sicher, Live AID erlebte 2005 mit Live8 eine Art Fortsetzung. Dennoch sollte in der Gegenwart ein neues Zeichen, ohne die Protagonisten von Live AID gesetzt werden. Eines, welches auch in weiteren 38 Jahren noch als wegweisend für die Zukunft gedeutet wird. Eines, welches selbst beim 38-jährigen Jubiläum die Worte hervorruft: „Wo warst du, als damals …“

 

Wir warten darauf, es ist nämlich auch jetzt wieder längst überfällig!


Der Roman zum Live AID Konzert

“The Lesson Today - Als ich in den 13. Juli 1985 zurückkehrte” von Ralf Friedrichs – Ein Achtziger Jahre Roman über einen Tag im Juli 1985 in Köln mit viel Lebensgefühl einer Zeit, die vielen noch so präsent ist. Worum geht es? – Heiligabend 2010 in einem Vorort von Köln. Zwei nörgelnde, verwöhnte Wohlstandskinder und ein Streit mit seiner frustrierten Ehefrau Manu treiben Mike Richter aus dem Haus. Er wird ohnmächtig und erwacht als im Geiste Mittvierziger in seinem 19-jährigem Körper am Vormittag des 13. Juli 1985: Der Tag seines ersten Dates mit Manu und der Tag des von Bob Geldorf organisierten Live AID Konzerts in London und Philadelphia.

 

Mike erlebt noch einmal die Zeit der Edwin Jeans und Vanilla Hosen, der pastellfarbenen Lacoste Poloshirts und weißen Tennissocken. Roller Skates waren in, Münztelefone noch lange nicht out. Vor allem will er seinem Leben eine entscheidende Wendung geben. Beim zweiten Erleben des 13. Juli 1985 lässt er das Treffen mit Manu sausen und feiert stattdessen mit seinen Jugendfreunden bei Büchsenbier und Chips eine Live AID Wohnzimmerparty. Dann taucht der Ex-Freund von Manu auf und will sie zurück erobern. Im Kwartier Latäng, dem legendären Studentenviertel in der Nähe der Uni, kommt es nach zahlreichen Verwicklungen, einem Besuch des deutschen Live AID Beitrags auf der Kölner Domplatte und viel Live AID Musik aus TV-Geräten und Stereoanlagen zum Showdown.

 

- Der Kölner Stadt-Anzeiger meint: „Ralf Friedrichs hat in detektivischer Kleinarbeit den 13. Juli 1985 rekonstruiert und eine humorige Expedition in die Zeit der Edwin-Jeans und Roller Skates vorgelegt.”

 

- Die Westdeutsche Zeitung sagt: „Der Roman von Ralf Friedrichs ist eine humorvolle Zeitreise in die Vergangenheit! „The Lesson Today“ ist ein Muss, nicht nur für die Kinder der Roller-Skates-Epoche.“

 

- Laetita Vitae (Lifestyle Portal) urteilt: „Wir waren vielleicht grottenpeinlich angezogen, aber wir hatten ein LEBENSGEFÜHL! Das, gepaart mit den herrlichen Beschreibungen der Kölner Kneipenszene anno 1985 lässt so wunderbare Erinnerungen aufkommen, dass man das Buch einfach lieben muss. Wenn Sie also mutig genug sind, sich ihrer Vergangenheit zu stellen, dann ist „The Lesson Today“ ein absolutes Muss.“

 

- CulturMag (Literatur-Portal) gibt an: „Den Tag des Live-AID-Konzerts, von Bob Geldof in London und Philadelphia auf die Bühne sowie weltweit auf die Fernsehschirme gebracht, hat die heutige Ü-40- Generation vermutlich noch genauso parat wie Mike Richter, der Protagonist aus „The Lesson Today“. Ich möchte diesen Roman für sein konsequent zeitdeckendes Erzählen loben und ans Herz legen.“